Im Nachlass seines Vaters fand Christoph Zehm ein Noten-Manuskript von 1957 mit der Titelei: Polykrates, ein szenisches Oratorium für Orchester, Chor, Soli, und Sprecher. Auch ein Libretto dazu in fünf Akten war darunter. Die in Art eines Klavierauszugs skizzierte Musiknotation endet allerdings mit dem zweiten Akt. Als Musiker mit langer Computer-Praxis erstellte er über mehrere Jahre eine orchestrierte virtuelle Klangfassung, die Soli wurden real eingesungen. Dank glücklicher Fügung und Kooperation mit den Erben des Textautors Hubertus Kirchgäßner, eigentlich bildender Kunstschaffender, gelang mit dessen Licht-Bildern ein halbstündiges Audio-Video-Composing, gekrönt von einer Erstaufführung vor einem gebannten Publikum beim Kunstforum Merdingen.
Freiburg im Breisgau, Mitte der fünfziger Jahre
Der aufstrebende Komponist Friedrich Zehm und der junge Autor und bildende Künstler Hubertus Kirchgäßner treffen hier aufeinander. Ein gemeinsames Rundfunkprojekt, Das Spiel vom Antichrist, wurde 1957 vom damaligen Südwestfunk produziert. Ideen für neue Projekte suchten sie wohl in der Antike, und fanden sie bei Polykrates.
Kirchgäßner, der in jungen Jahren Geschichte und Philosophie studierte, stilisiert in seinem Libretto die Göttin Hera und verknüpft dies mit der Geschichte des Polykrates – den antiken Vorstellungen von der Unbeständigkeit des Glücks, das im Übermaß zu Übermut und zum Fall führt. Die von Herodot überlieferte Sage führt er, anders als Schiller, in einem der griechischen Klassik nachempfundenen Stil und mit etwas eigenwilligem Verlauf vor.
Friedrich Zehm skizzierte um 1957 eine Vertonung des Librettos als ein szenisches Oratorium für Orchester, Chor, Soli, und Sprecher. Es blieb jedoch bei einem unvollendeten Manuskript. Berufliche wie biografische Veränderungen beider Künstler stellten sich ein – ihre Wege verzweigten sich nach 1960.
Wiesbaden, fünfzig Jahre später
Im Nachlass seines Vaters von rund zweihundert Werken fand Christoph Zehm dieses Manuskript. Als Musiker mit langer Computerpraxis erstellte er in mehreren Jahren – mit gesangssolistischer Unterstützung – eine virtuelle Klangfassung. Nun war ein Höreindruck des jetzt orchestrierten Werkes möglich. Das von den Autoren als abendfüllend gedachte Opus endet, noch bevor Polykrates seinen Ring ins Meer wirft. Dennoch stellt es musikalisch eine geschlossene Komposition dar.
Der Kreis schließt sich auf der Suche nach Ideen zur Visualisierung der Musik. Autor Kirchgäßner, ein Leben lang Maler und bildender Künstler, schuf in fünfzehn Jahren auch mehr als tausend farbige Dias – im wahrsten Sinn des Wortes: Licht-Bilder. Was könnte sich hier besser ergänzen als die Vision von Geschichte und Philosophie Hubertus Kirchgäßners und die Vielfalt der Tonsetzungen Friedrich Zehms?! Dessen Sohn Christoph Zehm, auch professioneller Designer, kam 2023 – dank der Erben Kirchgäßners – an das Dia-Material und konnte das Composing aus Musik, Libretto und Bildern digital vollenden.
Wie heißt es doch bei Aristoteles: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.
Hubertus Kirchgäßner und Polykrates
Kurze Einführung in die griechische Sage von Polykrates und die Interpretation durch Hubertus Kirchgäßner
Von Andreas Kirchgäßner
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Details zur Veranstaltung:
Zwei „Freiburger” Künstler werden lebendig
Hubertus Kirchgäßner – Autor, Maler und Kunstschaffender
Friedrich Zehm – Komponist zwischen Tradition und Moderne
Erstaufführung
polykrates klangfarben
Ein Audio-Video-Composing von Christoph Zehm
Musik nach Skizzen 1957 für ein szenisches Oratorium „Polykrates”
von Friedrich Zehm (1923–2007)
Libretto von Hubertus Kirchgäßner (1927–2014)
Animation basierend auf Lichtbildern von Hubertus Kirchgäßner
aus den Jahren 1975-1990
und andere Projektionen
Moderation:
Andreas Kirchgäßner
Freitag, 11. Oktober 2024 20.00 Uhr
Bürgersaal Merdingen
Langgasse 14 · 79291 Merdingen bei Freiburg
Eintritt auf Spendenbasis
Eine Veranstaltung des Merdinger Kunstforum e.V.
Tel: +49 7668 951203
E-Mail: vorsitzende@merdinger-kunstforum.de
www.merdinger-kunstforum.de